Sonntag, 18. Mai 2008

Wilde Theorien III: Einige Gedanken zum Thema "Verbissenheit"

Verbissenheit ist eine Eigenschaft, die bei mir negative Assoziatio- nen weckt: sie steht (meiner Ansicht nach) Begriffen wie Rücksichtslosigkeit, Sturheit und Besessenheit näher als eher positiv konnotierten Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Entschlossenheit und Konsequenz. Ich habe mich gefragt, warum Menschen verbissen sind, und wie sich Verbissenheit (sicherlich nicht in allen, aber doch verhältnismäßig vielen Fällen) auswirkt, und ich habe folgende Theorie aufgestellt: Verbissene Menschen sind meist solche, die sich Ziele stecken, die über ihre natürlich gegebenen Fähigkeiten weit hinausgehen. Deswegen meine Vermutung: Wer verbissen ist, kommt zwar oft sehr weit und mit Sicherheit wesentlich weiter als z.B. faule Menschen, aber dennoch wird der Verbissene sein Ziel nie ganz erreichen. Das sieht man gerade sehr schön in zwei der beliebtesten deutschen Casting-Shows "Deutschland sucht den Superstar" und "Germany's Next Topmodel".
Bei DSDS standen sich zwei Kandidaten gegenüber, von denen man (wenn man das Ganze mal schwarzweiß gemalt betrachtet) behaupten könnte, der eine (Fady Maalouf) war verbissen und wollte diesen Sieg wie nichts anderes auf der Welt, während der andere (Thomas Godoj) den Satz "Ich will hier gewinnen" nicht ein einziges Mal über die Lippen brachte. Er wirkte insgesamt gelassener, war also das Gegenteil von "verbissen". Fady hat es sehr weit geschafft (bis ins Finale), aber gewonnen hat der Gelassenere (und möglicherweise auch talentiertere) von beiden, und das ist der springende Punkt: Wer untalentiert oder nur mittelmäßig talentiert ist, kommt nur mit Verbissenheit überhaupt so weit, scheitert aber letzten Endes auf der Zielgeraden. Ähnliches ist bei GNTM zu beobachten: Es gibt dort eine äußerst verbissene Teilnehmerin: Caro. Sie ist jetzt in den Top 5 angelangt, d.h. sie ist extrem weit gekommen, aber ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass sie die Show nicht gewinnen wird, denn sie ist nur mittelmäßig talentiert und hat es bisher nur durch ihre Verbissenheit überhaupt so weit geschafft.
Was ich mit all dem sagen will, ist, dass, wer mit den besseren Merkmalen ausgestattet ist, die notwendig sind, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (z.B. ein angehender Dolmetscher, der sehr gute Sprachkenntnisse hat und seinen Abschluss mit 1 machen möchte), sein Ziel auch ohne verbissen zu sein erreicht. Der Dolmetscher, der nur mittelmäßige Fremdsprachenkenntnisse hat, sich aber irre reinkniet, wird zwar besser abschneiden als seine Sprachkenntnisse es ihm eigentlich bescheinigen, aber ein 1er-Kandidat wird er wahrscheinlich dennoch nicht werden. Ich persönlich glaube, dass Verbissenheit eine Eigenschaft ist, die man nur entwickelt, wenn man auf einem Gebiet, auf dem man nicht besonders gut ist, exzellent sein will. In diesem Fall hilft nur eins: die Einsicht, dass dieses Ziel nicht den eigenen Fähigkeiten entspricht und sich Ziele zu stecken, die man auch tatsächlich erreichen kann. Aber Selbstüberschätzung ist leider eine schlimme Volkskrankheit...

PS: Damit möchte ich auf keinen Fall sagen, dass es schlecht ist, für seine Ziele zu kämpfen (und ruhig auch mal erbittert), aber man sollte sich eben vorher kritisch selbst befragen, ob man die Fähigkeiten hat, das gesteckte Ziel zu erreichen bzw. ob es nicht sinnvoller ist, sich ein angemessenes Ziel zu stecken.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dein Eindruck von Fady und Thomas trügt: Thomas hat mit härteren, unsauberen Bandagen gekämpft, Fady wurde wegen seines Fair play ausgeknockt!

Vero hat gesagt…

Tatsächlich? Das wäre mir neu... Ich habe DSDS nun nicht gerade intensiv verfolgt, aber ich wüsste nicht, inwiefern Thomas unsauber gekämpft hat. Und härter? Ich weiß nicht... er hat nie gesagt, dass er alles tun würde, um zu gewinnen, sondern immer betont, dass er abwartet, was passiert.

Und Fairplay war das bei Fady auch nicht (obwohl das vermutlich nicht ihm, sondern den Machern von DSDS zuzuschreiben ist) - ich meine, immer wieder auf die Tränendrüse zu drücken von wegen Bürgerkrieg usw., das rückt auch nicht gerade die gesangliche Leistung in den Vordergrund.

Aber ich fände es wirklich sehr interessant zu erfahren, warum du der Meinung bist, Thomas hätte unsauber gekämpft. Woran machst du das fest?

Anonym hat gesagt…

Klar hat Thomas es verdient zu gewinnen. Aber er hat es nicht SO verdient. Nicht, indem der Konkurrent schon vorher von der Presse zerfleischt wurde und dann noch während beide ihre Leistungen noch nicht komplett erbracht hatten von Läsker und Bohlen entmutigende Sprüche kamen, die für Fady ein Stich ins Herz waren. Das war unmenschlich und unfair! Dass Thomas sich mit der Situation auch nicht wohlfühlte, sah man ihm an. BILD und Bohlen warfen einen Schatten auf seinen Sieg. Was schade ist. Und Thomas gegenüber unfair! Es bleibt ein Makel!

Vero hat gesagt…

Also von verdientem und unverdientem Sieg war in meinem Post nie die Rede. Mir war das ehrlich gesagt völlig egal, wer gewinnt, weil eh keiner von denen ein echter Superstar wird. Dass Fady die Sprüche (v.a. von Bohlen) sehr getroffen haben, hat man gemerkt, aber das ist halt Bohlen. Wenn man das nicht verkraftet, dann sollte man es gleich sein lassen.
Alles, was ich mit meinem Post sagen wollte, war, dass der Erfolg (zumindest temporär, siehe meine Meinung zu DSDS und sog. "Superstars") des gelasseneren Kandidaten vorhersehbar war, mehr nicht.

Dominik Hennig hat gesagt…

Mehr als einmal schon hat der Kämpfer Fady Maalouf gezeigt, welche inneren Kraftreserven er zu mobilisieren imstande ist, gerade dann, wenn der Druck besonders hoch ist und schwächere Naturen sich fatalistisch in ihr vermeintlich vorgezeichnetes Schicksal fügen würden: Nach der ersten Mottoshow, als er (trotz eines gelungenen Auftritts mit "Helpless when she smiles") bis zum Schluß vorne stehen mußte - und nicht in Triumphgeschrei ausbrach, als er doch weiter war, sondern vielmehr seine eigenen Fans zurückhielt und erst einmal dem gerade ausgeschiedenen Jermaine Trost spendete - galt der junge Libanese vielen Auguren als der prädestinierte Wackelkandidat, der als nächster seinen Hut werde nehmen müssen. Doch dann geschah das Unvorhersehbare: Mit dem Patrick-Swayze-Hit "She is like the wind" aus dem Film "Dirty Dancing" sang er sich nicht nur in die Herzen der Zuschauer, sondern er überzeugte auch den ihm bis dato reserviert gegenüberstehenden Poptitanen Dieter Bohlen, der ihm mit den Worten "Du warst heute der Beste!" den Ritterschlag verlieh. Es folgten eine Reihe glanzvoller Auftritte, und immer war Fady dann am stärksten und überragte seine Mitbewerber, wenn nach menschlichem Ermessen keiner mehr damit gerechnet hätte. An jenem Samstag etwa, als er in einer der schäbigsten Pressekampagnen, die diese an Medienskandalen nicht eben arme Republik je gesehen hatte, quasi zum Abschuß freigegeben werden sollte, bestach er mit "Your Song" von Elton John nicht nur durch seine gesangliche Perfektion und verzauberte durch sein ganzes Herzblut, sondern zeigte auch ein bewundernswertes Maß an Nervenstärke und Charakterfestigkeit, das aller Ehren wert ist und wie es selbst von den ganz Großen in der Musikbranche die wenigsten wirklich besitzen. Dieter Bohlen, der, was immer man von ihm halten mag, zweifellos ein feines Gespür für echte Talente hat, verneigte sich vor ihm mit den Worten "Du hast heute Deine ganze Klasse unter Beweis gestellt."

Vor drei Wochen schließlich brach Fady einen Tag vor der Top-5-Show mit Kreislaufkollaps zusammen, Notärzte rückten an, die Fangemeinde war in heller Aufregung. Somit fehlte ihm die an und für sich nötige Zeit zum Einstudieren von gleich zwei Titeln, mein eigener Puls raste vor dem Fernsehgerät, ich befürchtete das Schlimmste. Wie schon einmal löste sich meine Sorge mit den ersten Takten auf in Heiterkeit, dann in Begeisterung. Mit seiner ersten Uptempo-Nummer "Never gonna give you up" von Rick Astley hat Fady, dessen Hüftschwung vor allem die weiblichen Fans in Verzückung, ja in Ekstase versetzte, all jene glänzend widerlegt, die in ihm nur den Schmalspur-Schnulzenheini sehen wollten. Und sein mit jeder Faser seines Herzens schwingendes "All by myself" von Eric Carmen ist in meinen Augen geradezu das Entrée-Billett für die ganz großen Bühnenbretter dieser Welt.

Nach seinem ersten - und gleichsam bravourösen - Auftritt mit einem deutschen Titel ("Und wenn ein Lied" von den Söhnen Mannheims) am 3. Mai hätte Fady Maalouf eigentlich auch in der mainstream-Presse als neuer Favorit gehandelt werden müssen. Doch einschlägige Boulevard-Gazetten und diverse Jugendzeitschriften zogen es stattdessen vor, an der erkennbaren Publikumsmeinung vorbeizuschreiben - und fielen damit eindrucksvoll auf die Nase. Das elitistisch-dünkelhafte Selbstverständnis der publizistischen Meinungsbildner, welches Altmeister Erich Böhme, ein Fossil der Bonner Republik, einmal in die einprägsame Formel "Wir müssen den Leuten sagen, wie sie die Dinge zu sehen haben" gegossen hat, ist in einer multimedialen, interaktiven Welt gottseidank obsolet geworden.

Unter die Haut ging im Halbfinale neben den erstklassigen gesanglichen Leistungen auch das Statement von Fadys Vater, das von einer Größe zeugt, die man nur mit höchstem Respekt quittieren kann.

Keine Frage: wer so eine charismatische Bühnenpräsenz zeigt und eine einfach nur bewundernswert grandiose, sich von Woche zu Woche sogar noch kontinuierlich steigernde Leistung hinlegt, wer sich von Kehlkopfentzündungen, Koffeinschocks und medialem Kesseltreiben nicht aus der Bahn werfen läßt, der hat nicht nur das Zeug zum Superstar in Deutschland, sondern zum Weltstar! Wer vollgepumpt mit allen möglichen Medikamenten und unter erschwerten Bedingungen so granatenmäßig abhebt wie Fady am letzten Samstag, vor dem kann ich mich nur noch in Demut verneigen. Auch wenn es bei bei DSDS nicht ganz gereicht hat: Starqualitäten UND menschliche Größe zeichnen diesen außergewöhnlichen jungen Mann aus, von dem man noch viel hören wird!

Anonym hat gesagt…

LOL @ Vorposter! War das copy & paste irgendwoher? Ich hoffe doch stark...
Ich bezweifle sehr, dass man von all den DSDS Leuten jemals wieder etwas hören wird.
Meinetwegen kann der Fady ganz toll irgendwelche Schnulzen nachsingen und dazu traurig dreinschauen, aber sowas findet man auch in jeder X-beliebigen Karaokebar. Ich habe jetzt die sogenannte "Schmutzkampagne" gegen ihn nicht mitverfolgt, da ich bedrucktes Klopapier ala BILD und Konsorten nicht lese, aber imho hätte er so oder so verloren. Thomas hat irgendwie mehr das Gefühl vermittelt, dass er ein echter Künstler ist, der mehr als nur Lieder nachsingen kann. Und ich denke deshalb wurde er auch von den Zuschauern zum Sieger gekürt. Inwiefern sich dieser Eindruck bewahrheiten wird, bleibt natürlich abzuwarten. Ich persönlich würde ja empfehlen statt solchen musikalischem Pop-Fastfood, wie es DSDS einem serviert, sich mal ordentliche Musik anzuhören.

P.S. Menschliche Qualitätem? Also ob die bei einem Superstar irgendeine Rolle spielen würden! Die meisten echten Grössen dieser Branche haben sich doch die Birne bis zum gehtnichtmehr zugekokst. Ich habe kein Problem damit, einen Künstler für sein Werk zu bewundern, aber als Menschen Scheisse zu finden. Imho gehört eine Portion Wahnsinn einfach dazu. Insofern kann ich solche glattgebügelten Grinsekater wie Fady eh nicht ab, aber das ist nur meine persönliche Meinung.

Matt Kirby hat gesagt…

Sieh das ganze doch nciht so verbissen ;)