Dienstag, 20. Januar 2009

(Pseudo-)Konstanten

Jeder Mensch hat ja gewisse Vorlieben, die sich eigentlich das ganze Leben über nicht mehr ändern. Dennoch musste ich im Verlauf der letzten Jahre feststellen, dass sich bei mir eine dieser "grundlegenden" Vorlieben komplett ins Gegenteil verändert hat: Früher (zu Schulzeiten) mochte ich nämlich die "Laber-Fächer" am liebsten... Sozialkunde, Ethik, Englisch... Aber durch die Uni hat sich dieses Bild mittlerweile doch etwas verändert, und ich würde behaupten, dass ich inzwischen den konkreten Wissenschaften mehr zugetan bin. Selbst innerhalb der "Laber-Wissenschaften" (ergo: Geistes- und Sozialwissenschaften) kann ich mich mehr für "greifbare" Dinge wie Grammatikkonzepte, Sprachverarbeitungs- mechanismen usw. begeistern als für (weitgehend) zielloses Geschwafel über interkulturelle Kompetenz oder Interpretationen irgendwelcher Dramen von Goldoni. Manchmal lohnt es sich nämlich einfach nicht zu diskutieren, weil viele Leute so sehr in ihrer Meinung festgefahren sind, dass es sie gar nicht interessiert, was man zum Thema zu sagen hat. Bei den Natur- und Strukturwissenschaften hingegen hat man wenigstens etwas Handfestes: 1+1 ist überall zwei!
Aber vielleicht hat das Ganze auch gar nichts mit der Präferenz bestimmter Wissenschaftszweige zu tun, sondern lediglich mit meiner veränderten Lebenssituation. Früher war ich mit Sicherheit rebellischer, bin häufiger angeeckt, war mutiger. Aber je häufiger man anderen und manchmal auch sich selbst widerspricht, an Zielen scheitert oder im Übermut Dinge zerstört, die einem etwas bedeuten, d.h. je mehr man aus seinen Fehlern lernt und den Weltenlauf versteht, desto vorsichtiger und auch ruhiger wird man. Früher sollte immer alles spannend und neu sein. Heute hingegen bin ich froh, wenn ich es geschafft habe, eine Freundschaft ein weiteres Jahr aufrecht zu erhalten, wenn ich nach Hause kommen, meine Gitarre packen und zum 943624315438593. Mal mein Lieblingslied spielen kann oder wenn ich das vertraute Rascheln im Kaninchenauslauf zu meiner Linken höre. Den Elan, den ich früher dafür aufgewendet habe, neue Dinge auszuprobieren, verwende ich mittlerweile eher dafür, die Dinge, die mir lieb sind, zu bewahren.
Ja, wahrscheinlich bin ich einfach nur in den Gedanken verliebt, eine gewisse Konstanz in meinem Leben zu wahren... und wenn diese Konstanz nur daraus besteht, dass 1+1 zwei ist und das immer so bleiben wird... Meine (neue) Vorliebe für die konkreten Wissenschaften ist also vermutlich einfach nur eine Abstraktion meiner (neuen) Vorliebe für Konstanz - wobei die Konstanten, die ich meine, in Wirklichkeit natürlich keine Konstanten sind. Und dennoch wirken sie irgendwie beruhigend...
Okay, jetzt bin ich hier schon wieder philosophisch geworden. Das viele Lernen für meine allerletzte Prüfung regt anscheinend den Geist an, hehe. Eine gewisse Affinität zu den Geisteswissenschaften scheint bei mir also doch noch vorhanden zu sein...


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