Samstag, 15. August 2009

Abschiedsschmerz

Erst vor Kurzem hatte ich mit Tom das Thema Sterbehilfe, weil auch sein Opa schon seit Jahren mehr tot als lebendig ist. Meiner wurde am 1. Juli diesen Jahres, wenige Tage nach seinem Geburtstag, endlich von seinen Qualen erlöst - aber was, wenn die Natur unbarmherzig ist und unsere Liebsten weiter leiden lässt?
Solange es um Menschen geht, nimmt uns die deutsche Rechtsprechung das Abwägen über Für und Wider der Sterbehilfe ab - sie ist hierzulande (anders als z.B. in der Schweiz oder in den Niederlanden) verboten. Aber wer nimmt uns diese schwere Entscheidung ab, wenn es um ein Tier geht, das uns ans Herz gewachsen ist? Richterin über Leben und Tod zu sein ist nicht einfach, vor allem, wenn sich das betroffene Lebewesen nicht über die Stärke seiner Schmerzen und den gefühlten Grad seiner Lebensqualität äußern kann.
Ich weiß, dass Tiere anders sind als Menschen, und dass mein Zwergkaninchen in freier Natur wahrscheinlich längst gestorben wäre - es ist immerhin fast sieben Jahre alt geworden -, aber da meine beiden Nager in Form von Haustieren gewissermaßen in unser menschliches Gesellschaftssystem integriert sind und ich mich demnach auch als Mensch für sie verantwortlich fühle, habe ich mich gefragt, was ich mir an ihrer Stelle für mich selbst wünschen würde.
Nun bin ich selbst nicht gerade die schmerzverschonteste Person dieser Welt - den Gelenkschmerz (bei Enya als Folge ihrer weit fortgeschrittenen Arthrose) und die damit verbundenen Bewegungs-einschränkungen (sie konnte sich nicht mehr vollständig putzen und auch nicht mehr wie gewohnt hoppeln) kann ich jedenfalls aufgrund meiner eigenen Schmerzbiographie sehr gut nachfühlen, und man mag mir meine etwas nihilistische Sichtweise an dieser Stelle verzeihen, aber ich sehe mich selbst eben nur als winziges Stückchen Teilchenmaterie, die für das Fortbestehen der Welt völlig irrelevant ist, weshalb ich in Enyas Situation den Tod bevorzugt hätte. Darum habe ich die Kleine heute im Beisein meines Bruders (der mich als seelische Stütze begleitet hat) einschläfern lassen. Nach der Narkose ist sie sanft in meinen Armen eingeschlummert und hat dann von der Tierärztin die ultimative Erlösungsspritze bekommen. Danach haben wir sie zusammen mit meiner Mama unter einem schönen Baum im Wald zwischen wild wachsenden Hanfpflanzen begraben, ihr ein Holzkreuz gebastelt und noch zwei Rosenblüten aus dem Garten darunter gelegt, um ihr die letzte Ehre zu erweisen.
Ich denke, der einzige Grund, warum ich überhaupt so lange gewartet habe, war Peppino. Die beiden zusammengekuschelt im Heu liegen zu sehen hat mich jedes Mal innerlich zerrissen, und ihn jetzt ohne seine geliebte Enya zu wissen, bricht mir immer noch das Herz; aber manchmal ist es besser, jemanden gehen zu lassen - vor allem, wenn seine Schmerzen in unserer Gegenwart so viel größer sind als unser eigener Schmerz über seinen Verlust es jemals sein kann.



Es ist einsam ohne dich -
ohne dich, mein Freund!
Ich vermisse dich!

Du kehrst wieder als mein Traum -
Nur für die Dauer eines Augenblicks
bist du real für mich!

Eines Tages folg' ich dir
in die Ewigkeit -
Gib mir Zeit!

Ich pflücke Rosen für dein Grab -
Du bist nicht mehr hier,
doch du lebst in mir!

©Böhse Onkelz

1 Kommentar:

Harry Krishna hat gesagt…

Mein herzliches Beileid.